Bereit für die Realität? – Mit User Surveys zum First-Class UX

von | 22. Apr 2022

Den Benutzer einbinden und verstehen

Um gute und benutzerfreundliche Software zu entwicklen, lohnt es sich, den Benutzer in den Entwicklungsprozess mit einzubeziehen. Um so früh wie möglich Feedback von den Benutzern zu erhalten und dieses in die Entwicklung einfließen zu lassen, stellt der menschzentrierte bzw. der User Centered Design Prozess den Benutzer während des gesamten Gestaltungsprozesses in den Mittelpunkt. Dabei werden 4 Stufen unterschieden, die iterativ durchlaufen werden: 

  • Analyse (Verstehen des Benutzers und seiner Probleme) 
  • Spezifikation (Anforderungen definieren und festhalten)
  • Prototyping (Gestaltlösungen erzeugen)
  • Evaluation (prüfen, ob die Anforderungen erfüllt werden)

Wird bei der Evaluation festgestellt, dass die Anforderungen noch nicht erfüllt sind, ist es möglich wieder in eine der vorhergehenden Stufen zu springen, um die Analyse zu erweitern, die Spezifikation zu schärfen oder den Prototypen anzupassen. So lange, bis die Anforderungen aus der Spezifikation erfüllt sind.

Um den Benutzer besser zu verstehen, wird in der Analyse der Nutzungskontext erfasst. Das umfasst die Betrachtung des Benutzer, der die Software verwendet, seine Ziele, Aufgaben, Umgebung und Ressourcen. Ziele, die der Benutzer mit der Software konkret erreichen möchte, lassen sich in kleinere Aufgaben aufteilen. Ressourcen sind Mittel, die er benötigt, um seine Aufgaben auszuführen. 

Befragungsarten und -formen

Um die Informationen über den Benutzer bzw. den Nutzungskontext zu erhalten gibt es Methoden, wie die Beobachtung, Fokusgruppen oder Befragungen. Bei Befragungen wird zwischen der standardisierten Befragung, der teilstandardisierten Befragung und der narrativen Befragung unterschieden. 

Standardisierte und teilstandardisierte Befragungen eignen sich besonders gut für  Benutzerbefragungen und richten sich nach einem strukturierten Fragebogen, der vorab ausgearbeitet wird. Erstere Befragungsart richtet sich dabei strikt nach dem Fragebogen, von dessen Reihenfolge nicht abgeweicht wird und keine ergänzenden Fragen gestellt werden können. Es ist lediglich erlaubt Fragen zu erklären, falls diese nicht verstanden werden. Bei der teilstandardisierten Befragung ist es offen, in welcher Reihenfolge man den Fragebogen durchgeht und ergänzende Fragen dürfen gestellt werden. 

Narrative Befragungen verzichten auf einen Fragebogen. Stattdessen stellt der Interviewer  gezielt Fragen, damit der Befragte ins Erzählen kommt. Diese Form der Befragung kann z. B. für das Verfassen von Biografien besonders gut genutzt werden. 

Wenn man sich für eine Art der Befragung entschieden hat, gilt es sich zu überlegen, in welcher Form man diese durchführen möchte. Allgemein wird unterschieden zwischen Online-Befragungen, Telefoninterview und konzeptuellem Interview, bei dem die Befragung (Face-to-Face) an dem Ort durchgeführt wird, an dem die Software benutzt wird.

Fragearten 

Je nachdem, welches Ziel mit der Befragung verfolgt wird, kann es entscheidend sein, die richtige Art der Fragen zu wählen. Es ist jedoch nicht auszuschließen, dass in einer Befragung beide Arten genutzt werden.

Offene Fragen ermöglichen es, neue Einblicke zu erhalten oder etwas zu erforschen, da bei dieser Form der Fragen keine Antwortmöglichkeiten zur Auswahl stehen und der Befragte frei erzählen kann. Dabei kommen ggf. Aspekte auf, die man als Interviewer nicht bedacht hat und auf die man weiter eingehen kann. Trotzdem ist zu bedenken, dass es zu Abschweifungen bei den Antworten kommen kann, die es unter Umständen zu kontrollieren gilt. 

Bei geschlossenen Fragen werden Antworten vorgeben, aus denen der Befragte wählt. Dies bietet sich an, wenn man die Antworten vorab abschätzen und somit vorgeben kann. Ein typisches Beispiel für geschlossene Fragen sind Ja/Nein-Fragen, die eine leichtere Auswertung und Vergleichbarkeit mit sich bringen.

Für alle Befragungen gilt es Suggestivfragen zu vermeiden und stattdessen neutrale Fragen zu wählen. Suggestivfragen enthalten eine bestimmte Wertung und können den Befragten verleiten eine Antwort zu geben, die er nicht gegeben hätte, wenn die Frage neutral formuliert worden wäre. Die Frage „Findest du die Navigation gelungen?“ gibt eine positive Grundstimmung vor und kann den Befragten ungewollt verleiten einfach zuzustimmen, obwohl er anderer Meinung ist. „Wie empfindest du die Navigation“ lässt hingegen die Richtung offen und gibt dem Befragten den Raum, darüber nachzudenken und selbst zu entscheiden.

Hands on – was habe ich gelernt

Wenn es die Anzahl der Befragten zulässt, mache ich gerne Einzelbefragungen. Somit lassen sich auch die Meinung der Personen einholen, die in einer Gruppe dazu neigen sich eher zurückzuhalten und anderen den Vortritt zu lassen. 

Weiterhin habe ich die teilstandardisierte Befragung mit einer ergänzenden Einleitung für mich entdeckt. Der Fragebogen dient mir als Leitfaden und zur Überprüfung, ob alle wichtigen Fragen beantwortet sind. Die Einleitung bereite ich vor, um den Benutzer am Anfang der Befragung abzuholen, worum es in der Befragung geht bzw. worauf sie sich bezieht. Weiterhin ist ein Teil der Einleitung, dem Befragten zu vermitteln, dass er keine falschen Antworten geben kann, sondern es darum geht seine Aufgaben und Arbeitsschritte zu verstehen, seinen „Arbeitsalltag“ kennenzulernen, wo unter Umständen der Schuh drückt, um genau dort ansetzen zu können.

Zu Beginn kläre ich gerne, ob man sich duzen kann, da dies für eine lockerere Stimmung sorgt und das Formelle etwas raus nimmt. Dann beginne ich mit Fragen, die leicht für den Benutzer zu beantworten sind. Dazu zählt die Berufsbezeichnung oder die Frage, wie lange die Person schon mit der Software arbeitet. So kann die Anspannung etwas genommen werden, da einige Menschen eine Befragung als Prüfungssituation wahrnehmen und aufgeregt sind, Angst haben etwas falsch zu machen oder etwas falsches zu sagen. Durch die einfachen Fragen zu Beginn merkt der Befragte, dass es um ihn bzw. seine Arbeit geht und die Fragen einfach zu beantworten sind. Anschießend gehe ich in die Tiefe und kläre die relevanten Fragen zum System. 

Wenn ich demographische Daten abfragen möchte, wie das Alter, habe ich mir angewöhnt, diese an das Ende einer Befragung zu stellen. Fragt man diese direkt zu beginn ab, kann das als unangenehm empfunden werden, da sich Interviewer und Befragter oft nicht kennen. 

Über den Autor

Sarah

Nach ihrem Diplomabschluss ist Sarah im August 2020 bei onexip eingestiegen und unterstützt uns seitdem als Web-Entwickler und UX/UI Designer. Sie bezwingt jedes Puzzle und bringt täglich ihre ansteckende gute Laune mit ins Büro.

Häufig gestellte Fragen:

Warum ist die Einbindung des Benutzers in den Entwicklungsprozess wichtig?

Die Einbindung des Benutzers ist entscheidend, um benutzerfreundliche Software zu entwickeln. Durch den menschzentrierten Ansatz wird der Benutzer während des gesamten Entwicklungsprozesses berücksichtigt, um seine Bedürfnisse und Probleme zu verstehen und in die Gestaltung einzubeziehen.

Welche Stufen umfasst der menschzentrierte Design-Prozess?

Der menschzentrierte Design-Prozess umfasst die Analyse, Spezifikation, Prototyping und Evaluation. Diese Stufen werden iterativ durchlaufen, wobei das Feedback der Benutzer in den Entwicklungsprozess einfließt.

Welche Befragungsarten und -formen gibt es?

Zur Erfassung von Informationen über den Benutzer und den Nutzungskontext stehen verschiedene Befragungsmethoden zur Verfügung, darunter standardisierte, teilstandardisierte und narrative Befragungen. Je nach Ziel und Kontext können Online-Befragungen, Telefoninterviews oder Face-to-Face-Interviews durchgeführt werden.

Welche Fragearten sind für User Surveys relevant?

Es gibt offene und geschlossene Fragen. Offene Fragen ermöglichen es dem Benutzer, frei zu antworten und neue Einblicke zu liefern, während geschlossene Fragen vorgegebene Antwortmöglichkeiten bieten und die Auswertung erleichtern. Es ist wichtig, Suggestivfragen zu vermeiden und neutrale Fragen zu stellen.

Welche Praktiken haben sich bei Benutzerbefragungen bewährt?

Einzelbefragungen ermöglichen es, die Meinung einzelner Personen einzubeziehen, während teilstandardisierte Befragungen mit einer einführenden Erläuterung die Interaktion erleichtern können. Eine lockere Atmosphäre und ein schrittweiser Einstieg in die Fragen können dazu beitragen, die Angst vor der Befragung zu mindern und aussagekräftige Ergebnisse zu erhalten.

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